PFAS: Wie gefährlich sind die Ewigkeitschemikalien?
PFAS- schon mal davon gehört? Falls nicht, wäre jetzt ein guter Zeitpunkt sich zu informieren. Denn dieses Thema geht uns alle an – egal ob jung oder alt, männlich oder weiblich. Machen Sie sich selbst ein Bild und bei Interesse finden Sie in den angegebenen Literaturquellen genauer nachlesen.
Was sind PFAS?
Eines gleich vorweg: Per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen (kurz PFAS) kommen nicht in der Natur vor. Sie werden ausschließlich industriell hergestellt. Für alle, die ein wenig von Chemie verstehen: PFAS sind organische Verbindungen, bei denen die sonst am Kohlenstoff gebundenen Wasserstoffatome durch Fluoratome ersetzt sind – entweder vollständig (perfluoriert) oder teilweise (polyfluoriert).
Derzeit ist die genaue Struktur von 4.730 dieser Verbindungen bekannt, es gibt aber mindestens 10.000 verschiedene PFAS.
Diese Industriechemikalien sind bekannt für ihre Widerstandsfähigkeit gegen Hitze, Wasser und Fett, was sie zu idealen Hilfsstoffen in unzähligen Produkten macht – siehe weiter unten. Die Substanzen werden bereits seit Mitte des 20. Jahrhunderts hergestellt, sind also grundsätzlich nichts Neues [1].
Die Ewigkeitschemikalien sind gekommen um zu bleiben
PFAS werden oft als ‚Ewigkeitschemikalien‘ bezeichnet, weil sie extrem beständig sind und sich nur sehr langsam abbauen. Diese Stabilität bedeutet, dass PFAS über Jahrzehnte in der Umwelt verbleiben. Sie können sich in Wasser, Boden, Luft und auch dem menschlichen Körper anreichern. Das gefährdet nachhaltig die Umwelt und unsere Gesundheit. [2]
An PFAS kommen wir im Alltag kaum vorbei
Sie werden verwendet für…
- Pfannen als Antihaft-Beschichtung
- Backformen, Muffinförmchen, Dauerbackfolien
- fettabweisende Einwegverpackungen, z. B. Burger-Boxen oder Pizza-Kartons
- Popcorn-Verpackungen für die Mikrowelle
- die Imprägnierung von Outdoor-Textilien
- atmungsaktive oder wasserabweisende Membranen von Sportkleidung und –schuhen (z. B. Goretex)
- Kinder-Buggys
- Fleck- und wasserabweisende Teppiche und Polstermöbel
- Zahnseide
- Farben und Lacken mit speziellen Eigenschaften
- Coffee-to-go-Becher
- Fotopapiere, Papier für Klebeetiketten und Druckfarben
- Wachse oder Schmiermittel, zum Beispiel in Ski-Wachsen
- Kletterseile
- Pflanzenschutzmittel
- bestimmte Kosmetikprodukte wie wasserfeste Wimperntusche, langanhaltende Lippenstifte, Haarspülungen und Haarsprays, Grundierungen und Puder
- Feuerlöschschäume – sehr wahrscheinlich die größte PFAS-Eintragsquelle in die Umwelt
- die Imprägnierung von Holz und Fliesen
- Elektronikgeräte
- die Oberflächenbehandlung von Metallen und Kunststoffen, z. B. in der Fahrzeug- und Bauindustrie
Quelle: Verbrauerzenrale.de [3] und Bundesinstitut für Risikobewertung [4]
Wie kommen PFAS in die menschliche Ernährung?
PFAS sind mittlerweile weltweit in Gewässern, Böden, Pflanzen und Tieren nachweisbar und werden damit in die Nahrungskette eingetragen. Laut Bundesinstitut für Risikobewertung werden über das Trinkwasser und Nahrungsmittel die größten Mengen an PFAS aufgenommen. Gestillte Kinder nehmen sie über die Muttermilch auf.
Die Europäische Lebensmittelbehörde (EFSA) sieht Fisch, Meeresfrüchte, Eier und Früchte derzeit als Haupt-PFAS-Quelle bei Nahrungsmitteln. Das Bundesamt für Verbraucherschutz fand besonders hohe Werte der Ewigkeitschemikalien in Wildschweinfleisch. In Österreich enthielten laut AGES Karpfen, Rindfleisch und Schweinefleisch die höchsten PFAS-Konzentrationen.
PFAS bleiben sehr lange im Körper
Normalerweise werden Fremdstoffe, die aus der Umwelt in unseren Körper gelangen, im Stoffwechsel so verändert, dass sie weniger schädlich und/oder besser ausscheidbar sind. Bei PFAS ist das anders. Sie werden entweder unverändert ausgeschieden oder nur zu anderen PFAS verstoffwechselt. Der menschliche Organismus wird PFAS aber nur langsam über den Harn wieder los. Erst nach mehreren Jahren hat die Hälfte der aufgenommenen Menge den Körper wieder verlassen. Diese langsame Ausscheidung führt deshalb zu einer Anreicherung im Körper, wenn er im gleichen Zeitraum größere Mengen aufnimmt als er ausscheiden kann.
So schaden die Stoffe Ihrer Gesundheit
Die Studienergebnisse der letzten Jahre deuten darauf hin, dass die PFAS im menschlichen Körper für eine Vielzahl an Gesundheitsproblemen mitverantwortlich sein können. Zu den möglichen gesundheitlichen Folgen gehören:
- Hormonstörungen: PFAS können z. B. das Hormongleichgewicht der Schilddrüse aus dem Lot bringen.
- Behinderung des Immunsystems: Studien zeigen, dass PFAS das Immunsystem schwächen können. In der Folge führt das zu einer erhöhten Anfälligkeit für Infektionen.
- Fruchtbarkeitprobleme und Entwicklungsstörungen: Die fluorierten Verbindungen können möglicherweise die Fortpflanzung beeinträchtigen, das Geburtsgewicht von Babys senken und die Entwicklung von Kindern verzögern.
- Leber- und Nierenschäden: Ist man PFAS längere Zeit ausgesetzt, kann das Leber und Nieren schädigen.
- Fettstoffwechselstörungen: Der Cholesterinspiegel kann durch PFAS ansteigen.
- Schlechtere Impfwirkung: die Ewigkeitschemikalien können eine verringerte Antikörperantwort auf Impfungen bewirken.
- Krebserkrankungen: Einige PFAS, insbesondere PFOA (Perfluoroctansäure) und PFOS (Perfluoroctansulfonat), wurden mit einem erhöhten Risiko für bestimmte Krebsarten in Verbindung gebracht.
Das von den PFAS ausgehende Risiko für schädliche Wirkungen hängt von Dauer und Menge ab, der Menschen diesen Stoffen ausgesetzt sind. So haben etwa Menschen höher Werte im Blut, die jahrelang in Büros mit PFAS-behandelten Teppichböden gearbeitet haben [1].
Auswirkungen von Per- und polyfluorierte Alkylverbindungen auf die menschliche Gesundheit
Quelle: European Environment Agency (Originalbild) und Mrmw (Vektordatei)
Warum sind PFAS nicht verboten wenn sie so schädlich sind?
Diese Frage stellen Sie sich nach dem Lesen des bisherigen Textes sicher. Und sie ist berechtigt.
Fakt ist, dass einzelne PFAS zwar mittlerweile verboten sind, aber in der Industrie durch andere ersetzt wurden. Zudem erlauben es Übergangsfristen bis zum Jahr 2036 der Industrie sie weiterhin einzusetzen. Zu wichtig sind die „Vorteile“ offensichtlich für uns Konsument:innen.
Im Februar 2023 hat die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) den Vorschlag für ein Verbot
- der Herstellung,
- der Verwendung und
- des Inverkehrbringens (einschließlich der Einfuhr)
der umfangreichen Gruppe der PFAS gemacht. Ziel des Verbots ist es, die Freisetzung von PFAS in die Umwelt drastisch zu verringern [5]. Leider ist erst im Jahr 2025 mit einer Entscheidung der Europäischen Kommission über diesen Vorschlag zu rechnen. Sollte der PFAS-Beschränkungsvorschlag angenommen werden, wäre dies eines der umfangreichsten Verbote chemischer Stoffe, den es je gegeben hat.
Wie können Sie die fluorierte Chemikalien vermeiden?
Angesichts der weit verbreiteten Nutzung von PFAS in Alltagsprodukten kommt man wohl kaum um den Kontakt mit PFAS herum. Vollständig zu vermeiden sind sie nicht, aber man kann sie da und dort doch meiden. Ob ein Produkt PFAS enthält, lässt sich meist nicht erkennen, denn noch gibt es keine Kennzeichnungspflicht für diese Ewigkeits-Chemikalien. Hier ein paar konkrete Tipps:
- Erhitzen Sie antihaftbeschichtetes Koch- und Bratgeschirr nicht leer auf der Herdplatte. Denn gerade dann kann es ab Temperaturen von rund 360°C zur Zersetzung des Polymers und damit zur Abgabe von giftigen Dämpfe an die Umgebungsluft kommen. Eine PFAS-Pfanne erkennt man oft an einer schwarzen Antihaftbeschichtung. TeflonTM ist übrigens der bekannteste Handelsname für den Kunststoff PTFE (Polytetrafluorethylen).
- Ersetzen Sie im Idealfall antihaftbeschichtete Pfannen und Töpfe durch Alternativen aus Edelstahl, Gusseisen oder Pfannen mit Keramikbeschichtung.
- Wenn Sie neues Kochgeschirr oder Backformen kaufen, achten Sie auf den Hinweis “PTFE-frei”, „frei von PFAS“ oder „Fluorfrei“ achten.
- ACHTUNG: Die weit verbreiteten Aussagen „PFOA-frei“, „PFOS-frei“, „GenX-frei“ schließen nur Einzelsubstanzen aus, die mittlerweile sowieso verboten sind. Die Aussagen weisen sogar eher auf die Verwendung anderer PFAS hin.
- Vermeiden Sie wasserabweisende, schmutzabweisende, imprägnierte Kleidung, die möglicherweise mit PFAS behandelt wurde. Wie oft haben Sie denn wirklich den Vorteil Ihrer Goretex-Jacke oder Goretex-Laufschuhen gegenüber herkömmlichen gebraucht? Nur zur Klarstellung: PFAS-haltige Beschichtungen in Outdoor-Kleidung beeinträchtigen nicht unmittelbare Ihre Gesundheit. Denn nach derzeitigem Wissensstand ist die Aufnahme über die Haut unwahrscheinlich. Allerdings werden Rückstände von der PFAS beim Gebrauch oder Waschen aus der Textilfaser freigesetzt und gelangen so wieder in die Umwelt. Vorbildhaft agiert das Unternehmen VAUDE. Die Firma verzichtet seit 2018 zu 100 Prozent auf Per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen als wasserabweisende Ausrüstung der Bekleidung.
- Einige Siegel schreiben vor, dass auf diese giftigen Chemikalien verzichtet wird. Dazu gehören bluesign®, GOTs, das Österreichische Umweltzeichen und der Blaue Engel, Öko-Tex®, oder Green Shape der Fa. Vaude. [6]
- Hände weg von Imprägnierungssprays, wo möglicherweise PFAS eingeatmet werden.
- Meiden Sie verpackte Fertiggerichte wie Burger, Pizza oder andere Speisen aus beschichteten Verpackungen. Bereiten Sie Popcorn auf herkömmliche Weise am Herd zu.
- Verwenden Sie kein beschichtetes Einweggeschirr oder Tiefkühlkartons. Frieren Sie Ihre Speisen in Schraubgläsern ein (nicht bis ganz zum Rand befüllen).
- Augen auf beim Kosmetik-Kauf: Lesen Sie die Inhaltsstoffe Ihrer Kosmetikprodukte und meiden Sie solche, die die Begriffe ‚fluoro‘ oder ‚PTFE‘ enthalten. Es gibt immer mehr Produkte, die als “PFAS-frei” gekennzeichnet sind. Die App CodeCheck können Sie einzelne Produkte auf schädliche Stoffe prüfen.
- Verzichten Sie auf wasser- oder Fleckabweisende Teppiche und lassen Sie Kleinkinder nicht auf solchen spielen. Kaufen Sie Baumwollteppiche, die Sie in der Waschmaschine reinigen können.
- Wenn nicht unbedingt nötig, verwenden Sie keine Klebe-Etiketten. Um Marmeladegläser kann man mit einer Naturschnur befestigt kleine Karton-Schildchen hängen. Das sieht zudem hübsch aus.
- Kaufen Sie so oft wie möglich Biolebensmittel. Diese werden ohne bedenkliche PFAS-hältige Schädlingsbekämpfungsmittel angebaut.
Mein essenzielles Resümee
- PFAS, die sogenannten “Ewigkeitchemikalien”, sind aufgrund ihrer Langlebigkeit und weiten Verbreitung eine ernsthafte Umwelt- und Gesundheitsgefahr dar. Da die Stoffe keinen kurzfristigen Schaden, aber umso langfristigere Folgen haben, sind sich viele Menschen der Gefahr noch nicht bewusst.
- Es braucht dringend weitreichende regulatorische Maßnahmen seitens der Behörden, doch die werden noch einige Zeit auf sich warten lassen.
- PFAS wurden in etwas mehr als einem Viertel aller in Österreich in den Jahren 2016/2017 untersuchten Grundwasser-Messstellen nachgewiesen. Und dennoch gibt es derzeit in der österreichischen Trinkwasserverordnung keine Grenzwerte für PFOS, PFOA oder andere PFAS. Erst im Jänner 2026 wird ein Grenzwert für die Summe von 20 definierten PFAS eingeführt. Erst ab diesem Datum müssen Wasserversorger PFAS dann auch im Trinkwasser regelmäßig untersuchen lassen.
- Um unsere eigene PFAS-Belastung zu verringern, können wir als Konsument:innen derzeit nur noch bewusstere Kaufentscheidungen treffen (siehe Tipps oben) und zum Wohl von Gesundheit und Umwelt auf manches Produkt verzichten. Gänzlich schützen kann sich aber niemand davor.