Die Wahrheit über die Anti-Krebswirkung von Kurkuma
Glaubt man den unzähligen Internetbeiträgen, dann erstreckt sich das Wirkspektrum von Kurkuma bzw. dem Inhaltsstoff Curcumin von A wie Antioxidation bis Z wie Zahngesundheit. Das Gewürz soll Sie unter anderem vor Nasennebenhöhlenentzündung und Gehirnschäden durch Alkohol schützen, Blutdruck, Blutzucker und Cholesterin senken und die Fettverdauung fördern.
Auch in unserem Freundeskreis häufen sich die Fragen zu den hochgepriesenen Gesundheitswirkungen. Deshalb wollten wir es genauer wissen. Besonders die Stimmen zur krebshemmenden Wirkung von Curcumin werden immer lauter.
Kann man sich mit der gelben Knolle tatsächlich gegen den Feind im Körper schützen? Oder ist gar doch alles nur ein großer Marketing-Gag? Wir haben uns auf die Suche nach den echten und seriösen Belegen zur Wunderknolle begeben. Denn wer uns kennt, der weiß, dass bei uns eben nur die Fakten zählen. Diese haben wir für Sie hier zusammengefasst.
Ayurveda ohne Kurkuma unvorstellbar
In Indien schätzt man die heilende Wirkung von Kurkuma, auch gelber Ingwer oder Gelbwurz genannt, bereits seit Jahrtausenden. Die traditionelle Ayurveda-Medizin kommt ohne das knallgelbe Gewürz nicht aus. Im Zentrum des Interesses stehen besonders der entzündungshemmende und schmerzlindernde Effekt. Speziell bei Arthrose gibt es erste vielversprechende Studien.
Bei uns wurde Curcumin bislang eher als Lebensmittelfarbstoff (E 100) verwendet und rückte erst in letzter Zeit durch die Popularität der Ayurvedischen Heilkunst ins gesundheitliche Interesse.
Vom Kochtopf ins Reagenzglas – Kurkuma unter der wissenschaftlichen Lupe
Gibt man in einer der bekanntesten medizinischen Literaturdatenbanken (PubMed) den Begriff „Curcumin“ ein, landet man mehr als 10.000 Treffer. Über kaum ein anderes Gewürz wurden so viele wissenschaftliche Abhandlungen verfasst. Doch nicht alle davon sind für uns Menschen wirklich aussagekräftig.
Gut zu wissen: Unterschied zwischen in-vitro und in-vivo-Studien
In-vitro-Studien werden im Labor durchgeführt. Dabei werden isolierte Zellen im Reagenzglas untersucht. Übersetzt aus dem Lateinischen bedeutet in vitro „im Glas“. Die Ergebnisse derartiger Studien sind für den Menschen nur bedingt relevant, da biologische Prozesse – wie sie in-vivo (lateinisch „im Lebendigen“) ja ständig ablaufen – nicht berücksichtigt werden können.
In-vivo-Studien, auch Human-Studien genannt, reflektieren die Aufnahme und Verstoffwechslung im menschlichen Körper. Somit haben diese Studien die höchste Aussagekraft. Neben in-vitro- und in-vivo-Studien gibt es auch noch Tier-Studien. Deren Ergebnisse sind eingeschränkt auf den Menschen übertragbar, sie sind aber nicht so aussagekräftig wie in-vivo-Studien.
Curcumin macht im Reagenzglas freie Radikale unschädlich
Als freie Radikale bezeichnet man chemisch sehr reaktionsfreudige Moleküle, die mit Zellen reagieren und sie durch Oxidation, also eine Reaktion mit Sauerstoff, schädigen können. Aus derart geschädigten Zellen können Krebszellen entstehen. Antioxidantien verhindern bekanntlich Oxidation.
In-vitro, also „im Glas“, ist Curcumin eines der stärksten bekanntesten Antioxidantien und damit stärkster Radikalfänger. Außerdem vermag es den programmierten Zelltod bestimmter Krebszellen auszulösen. Dies ist der Grund dafür, warum es eine der klassischen Hoffnungen der Krebsprävention ist. Klingt in der Theorie also sehr vielversprechend.
In-vitro-Hoffnungen zu Kurkuma in-vivo nicht erfüllt
Der überwiegende Anteil an Studien zu Curcumin und Krebs wurde mit Zellkulturen bzw. als Tierversuche durchgeführt. Wie erwähnt, sind diese Ergebnisse nur sehr bedingt auf den Menschen übertragbar.
Studien am Menschen, die Kurkuma bzw. Curcumin auf eine möglicherweise krebshemmende Wirkung hin untersucht haben, sind bislang Mangelware.
Bei den durchgeführten Studien wurden, um messbare Effekte auszulösen, Mengen an Curcumin verwendet, die kein Mensch isst. Nicht einmal die Inder, die heavy-Kurkuma- bzw. -Curry-User. Die Mengen lagen 50- bis 100fach über normalen Aufnahmemengen [1].
Ein Esslöffel Curry enthält ca. 6 Gramm Kurkuma, das ca. 3 % Curcumin enthält. Mit einem Esslöffel Curry werden also 0,18 Gramm Curcumin aufgenommen. In Studien am Menschen, die den Nachweis der Antikrebs-Wirkung erbringen sollten, bekamen die Patienten 0,4 bis 2,2 Gramm pro Tag. Das entspricht umgerechnet der in 2-12 Esslöffel Curry enthaltenen Menge.
Genauer hingeschaut: Wenige Kurkuma-Studien mit schlechter Qualität
Die Wissenschafter von Medizin Transparent , einem Projekt von Cochrane Österreich, haben die verfügbaren Humanstudien genauer unter die Lupe genommen [2]. Abgesehen davon, dass es kaum Studien an Menschen gibt, sind diese zudem von schlechter Qualität.
Sie förderten nur eine einzige klinische Studie zutage, in der die Wirksamkeit von Curcumin mit einem Placebo verglichen wurde. In dieser Studie wurden Männer mit erhöhtem PSA-Wert (dient der Früherkennung von Prostatakrebs) untersucht, die jedoch nicht an Prostatakrebs erkrankt waren. Nach 6-monatiger Einnahme unterschieden sich die Werte nicht zwischen Kurkuma- und Scheinpräparat-Teilnehmern.
Drei weitere Studien wurden ohne Vergleichsgruppe durchgeführt. Daher liefern sie keinen Beweis dafür, ob tatsächlich Curcumin die Beschwerden verbessert hat oder ob sich der Gesundheitszustand der Studienteilnehmer auch ohne Kurkuma verbessert hätte.
In einer dieser Arbeiten erhielten 44 Raucher mit einer frühen Krebs-Vorstufe von Dickdarmkrebs täglich 2 bzw. 4 g Curcumin. Hier beobachteten die Forscher bei den Personen der 4 g-Gruppe einen Rückgang der Krebs-Vorstufen, nicht aber in der 2 g-Gruppe. Medizin transparent stuft die Studiendauer als zu kurz und die Zahl der Studienteilnehmer als zu gering ein. Darüber hinaus war die Studie nicht „geblindet“, die Teilnehmer wussten also, welcher Gruppe sie zugeteilt waren. Hier ist also ein Placebo-Effekt nicht auszuschließen.
Verbesserter Allgemeinzustand bei manchen Krebsformen
In einigen Studien untersuchte man Risikopatienten für bestimmte Krebsformen (z. B. Personen mit wiederkehrendem Blasenkrebs bzw. Bauchspeicheldrüsenkrebs) und verabreichte ihnen zwischen 1 und 8 g Curcumin pro Tag.
Bei einer Studie bekamen die Patienten mit Bauchspeicheldrüsenkrebs acht Wochen lang 8 g Curcumin pro Tag. Bei zwei von 25 Teilnehmern verbesserte sich dadurch der allgemeine Gesundheitszustand. Auch hier fehlt leider der Vergleich mit Patienten, die nicht mit Kurkuma behandelt wurden. Es lässt sich daher nicht ausschließen, dass der Effekt zufällig eingetreten ist [3].
Warum Kurkuma im Körper nicht so wirkt wie im Labor
Es hat sich gezeigt, dass Curcumin vom menschlichen Magen-Darmtrakt nur sehr schlecht aufgenommen wird. Darüber hinaus „flutscht“ es sozusagen sehr rasch durch den Körper und verlässt ihn hauptsächlich über den Stuhl schneller als erwünscht [4].
Daher können all die erhofften Effekte auf die Gesundheit kaum effektiv eintreten. In pharmakologischen Studien forscht man daher zurzeit an dieser Problematik. Man versucht, den Wirkstoff Curcumin in Nano-Partikeln zu verkapseln, um so die Bioverfügbarkeit zu verbessern.
Vorsicht Nebenwirkungen
Curcumin ist dafür bekannt, dass es die Gallensekretion fördert und damit verdauungsfördernd wirken kann. Wer allerdings bereits an Gallensteinen leidet, sei vor Kurkuma und Curcumin-Präparaten gewarnt: eine Gallenkolik könnte die Folge sein.
Je nach individueller Empfindlichkeit, Art des Extrakts und Höhe der Dosierung (bereits ab 180 mg Curcumin, enthalten in 1 TL Kurkumapulver) sind zudem unerwünschte Wirkungen auf den Verdauungstrakt (Blähungen, Sodbrennen, Durchfall/erhöhte Stuhlfrequenz, Übelkeit oder Schmerzen) möglich.
Unser essenzielles Resümee
Ob man sich mit Kurkuma beziehungsweise dem darin vorkommende Curcumin tatsächlich vor Krebs schützen kann, können nur klinische Studien an menschlichen Patienten zeigen. Die bislang gefundenen Effekte stammen jedoch überwiegend aus Zell- oder Tierversuchen. Nach derzeitigem Stand der Wissenschaft ist die Hoffnung leider noch nicht ausreichend begründet.
Auch wenn die Wirksamkeit des gelben Pulvers bis dato nicht zweifelsfrei geklärt ist, so ist es doch gut verträglich. Die langjährigen Erfahrungen aus der Ayurvedischen Medizin sind zumindest bei Entzündungen, Verdauungsbeschwerden und Schmerzen (speziell bei Arthrose) einen Versuch wert, die Beschwerden mit Kurkuma zu lindern.
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2 Kommentare
Hallöchen zusammen
Vielen Dank für diesen Artikel. Als Morbus Crohn betroffene (chronisch entzündliche Darmkrankheit) lese ich viel und gerne, was an Lebensmittel im Allgemeinen guttut. Seit nun etwa 2 Jahren trinke ich regelmässig Ingwer-Tee mit Kurkuma und mit etwas Honig. Auch seit etwa 2 Jahren geht es mir mit meinem Darm sehr gut. Ob das mit dem Ingwer und Kurkuma zusammenhängt, kann ich nicht direkt sagen. Trotzdem, alleine schon wegen des guten Geschmacks, werde ich weiterhin immer schön Tee trinken. Wenn auch andere Leser hier an einer Darmkrankheit leiden, hier auch einige gute Infos zu Kurkuma/Darm: https://www.morbus-crohn-news.de/hilft-kurkuma-bei-morbus-crohn-und-colitis-ulcerosa/
Allen eine gute Gesundheit, liebe Grüsse
Ilse
Hallo Ilse,
danke, dass Sie auf diesem Weg Morbus Crohn PatientInnen Mut machen. An Ihrer Theorie könnte tatsächlich etwas dran sein. Es gibt zahlreiche Kräuter und Gewürze, denen besondere entzündungshemmende Wirkungen nachgesagt wird. Bekannt sind besonders Kurkuma und Ingwer. Deshalb wird die Verwendung dieser Gewürze im Rahmen der so genannten A.D.A.M.-Diät (Alle Diätetischen Antientzündlichen Maßnahmen – A.D.A.M.) als eines der 7 Prinzipien genannt.
Alles Gute weiterhin
Ihr essenzielles Team