Das Geheimnis von gutem, gesundem Brot
Die Suche nach Brot und Gebäck aus vollem Korn gestaltet sich oft schwierig. Ist doch auf den ersten Blick nicht erkennbar, was sich wirklich im Brotteig versteckt. Wir lüften das Geheimnis hinter blumigen Bezeichnungen wie Mehrkorn-, Aktiv-, Dinkelbrot & Co. Außerdem verraten wir Ihnen unser eigenes essenzielles Brotrezept.
Brot, unsere Leidenschaft
Um es vorweg zu nehmen: Wir lieben Brot! Ein Essalltag ohne gutes Brot ist für uns wie ein Strandurlaub ohne Sonne – es fehlt ein essenzieller Teil zum Glück. Uns ist dabei das „drunter“ viel wichtiger als das „drauf“. Hochwertiges Brot braucht nicht mal einen Belag, um uns zu verwöhnen. Deshalb käme schon aus kulinarischer Sicht „low carb“ niemals auf unseren Teller.
Bei einer von uns geht die Leidenschaft so weit, dass sie seit ca. 5 Jahren ihr Sauerteig-„Tamagotchi“ hegt und pflegt – mit Erfolg, denn je älter das sogenannte Anstellgut bzw. Ura wird, desto besser gelingt Brotteig damit. Doch davon später…
Ist Vollkorn wirklich das Maß aller Dinge?
Immer diese Ernährungswissenschafter mit ihrem Vollkorn – denken Sie jetzt vielleicht. Muss das denn wirklich sein? Wir sagen: Jein. Mehl aus vollem Korn ist eines der Merkmale, das unserer Gesundheit einen Mehrwert bietet.
Die Gründe liegen auf der Hand: Die wertgebenden Bestandteile des Getreidekorns sitzen (fast) alle direkt unter bzw. in der Schale und im Keimling. Je höher ausgemahlen das Mehl ist, desto weniger Mineralstoffe, Spurenelemente, Ballaststoffe und Vitamine enthält es.
Entfernt man die äußeren Schichten des Korns und den Keimling komplett, bleiben fast nur mehr leere Kalorien übrig. Einzig einen kleinen Teil der Ballaststoffe (die löslichen) finden sich neben Stärke und Eiweiß noch im inneren Mehlkörper.
Und dennoch, wir sehen es nicht päpstlicher als der Papst. Denn zu Mozzarella mit Tomate, einer erfrischenden Tabuleh oder einem bunten Sommersalat passt einfach am besten ein knuspriges Weißbrot. Versuchen Sie einfach auch hier die 80:20-Regel anzuwenden: Ihr Körper freut sich über die vielen Ballast- und Mineralstoffe im Vollkornbrot – wenn es dann in 20 % der Fälle trotzdem Weißbrot oder ein gutes Mischbrot ist, genießen Sie das mit gutem Gewissen.
Wie erkenne ich echtes Vollkornbrot?
Die Farbe alleine sagt nichts über den Ausmahlungsgrad. Roggen ist grundsätzlich dunkler als Weizen. Daher kann Weizenvollkornbrot sogar heller sein als Roggenbrot aus „weißem“ Mehl.
Malzmehl bzw. Malzextrakt darf Brot und Gebäck zugegeben werden und macht den Teig dunkler. Kritische Stimmen sagen, damit solle ein höherer Vollkornanteil vorgetäuscht werden. Andere Stoffe, die das Brot dunkler „färben“ würden, sind nicht erlaubt.
Es gibt aber eine klare gesetzliche Definition laut Österreichischem Lebensmittelbuch [1]: Vollkornbrot muss zu 90 % aus Mehlen oder Schrot des vollen Korns hergestellt sein. Andere Mehle sind bis zu 10 % zulässig. Nur wenn dies gewährleitet ist, darf ein Bäcker sein Brot „Vollkornbrot“ nennen.
Ein sogenanntes “Mehrkornbrot“ sagt nur aus, dass neben Weizen und Roggen auch andere Getreidesorten verwendet wurden. Das Mehl muss aber kein Vollkornmehl sein.
Interessant auch die Bezeichnung für „Dinkelbrot“. Dieses muss nämlich lediglich einen Dinkelanteil von 60 % enthalten. Der Rest darf aus anderem Getreide stammen.
Ein Kornspitz oder mit Leinsamen, Haferflocken oder Sonnenblumenkernen bestreute Weckerl wirken gesünder als ein Semmerl, sind es aber nur bedingt, selbst wenn sie „Kerni“ oder ähnlich heißen.
Apropos Kornspitz: Woraus besteht der eigentlich?
Das werden wir oft gefragt. Der „Kornspitz“ wurde 1984 als patentiertes Produkt der Firma Backaldrin entwickelt. Seit 2015 ist der Patenschutz abgelaufen und alle Bäcker dürfen ihren eignen „Kornspitz“ backen, ohne dafür die vorgefertigte Backmischung von Backaldrin verwenden zu müssen.
Die Hauptzutaten sind überwiegend Weizenmehl und -schrot, weiters auch Roggenmehl und -schrot, Sojaschrot und Leinsamen. Der Kornspitz ist kein Vollkornprodukt. Die dunkle Farbe stammt vorwiegend aus dem verwendeten Malzmehl.
Wussten Sie das?
Je niedriger die Typenzahl des Mehls, desto weniger wertvolle Bestandteile enthält es. Daher enthält z. B. Vollkornbrot 6 x mehr Magnesium und 3 x mehr Eisen als Weißbrot.
Der Vergleich macht sicher
Quelle: BLS 3.01 und Herstellerangaben
Warum ist Sauerteigbrot besser bekömmlich?
Der Vollkornanteil ist aber nur die eine Seite der Medaille. Würde man Vollkornmehl im Schnellschussverfahren zu einem „Quicki-Brot“ verarbeiten, ohne ihm die nötige Reifezeit zu geben, kann es sein, dass Ihnen Ihr Darm das übel nimmt.
Heute weiß man, dass die vielen kleinen Helferlein im Sauerteig (Milchsäurebakterien, Hefen) einfach tolle Vorarbeit für uns leisten. Sie sind es nämlich, die das Getreide buchstäblich für uns teilweise „vorverdauen“, indem sie schlecht bekömmliche Bestandteile – besonders jene in Weizen – teilweise inaktivieren.
Von diesen 3 Körnern profitiert Ihre Gesundheit am meisten
Korn ist nicht gleich Korn. Unter den Getreidesorten bringen drei ganz besondere Talente mit:
Hafer, Gerste und Roggen
Sie punkten mit einem besonders wohltuenden Ballaststoff namens ß-Glucan. Dieser hilft, Ihren Blutzucker- sowie den Blutcholesterinspiegel im Lot zu halten. Gerste enthält davon zwar die höchsten Werte, lässt sich aber nur schwer in Brot verarbeiten. Danach kommt gleich Hafer, den man ebenfalls mit Roggen oder Weizen mischen muss, um geschmackvolles Brot zu backen.
4 essenzielle Tipps bei der Brotwahl
1. Greifen Sie so oft wie möglich zu Vollkornbrot
2. Bevorzugen Sie lang gereifte Brote auf Sauerteigbasis
3. Roggen ist meist bekömmlicher als Weizen
4. Hafer und Gerste punkten mit wertvollem ß-Glucan
Brot ist kostbar!
In Wien wird jeden Tag so viel Brot weggeworfen wie in Graz gegessen wird. Verwerten Sie daher altes Brot zu Croutons, Brühstücken (falls Sie selbst Brot backen), einer würzigen Brotsuppe oder Semmelknödel. Ist ihr Brot schon etwas in die Tage gekommen, können Sie es in Scheiben geschnitten mit etwas Butter in einer beschichteten Pfanne beidseitig kurz rösten. So wird es knusprig und vor der Mülltonne gerettet.
Essenzielles Roggenmischbrot
Nun aber zum eingangs versprochenen Brot à la essenziell. Voraussetzung dafür ist ein triebstarker Sauerteig. Rezepte dafür finden Sie überall im Netz, z. B. auf der Seite von Dietmar Kappl [2] oder dem fantastischen Blog von Lutz Geißler [3]. Einmal hergestellt, wird bei entsprechender Pflege Ihr Sauerteig und das damit gebackene Brot immer besser. Es gibt sogar Hobbybäcker, die Ihren Sauerteig mit in den Urlaub nehmen, um ihn dort weiterzupflegen 😉
Zutaten:
Brühstück
- 130 g altbackene Brotreste (alles geeignet, nur kein Weißbrot) grob zerkleinert
- 200 g Wasser
Hauptteig
- 250 g Roggenmehl (50:50 Vollkorn und R 960)
- 250 g Weizenmehl (50:50 Vollkorn und W 1600 oder W 700)
- 400 g Sauerteig
- 200 g Wasser zimmerwarm
- 1 Messerspitze Trockenhefe (muss aber nicht sein, mit Hefe wird das Brot etwas fluffiger, ohne etwas kompakter)
- Brühstück
- 16 g Salz
- Brotgewürze können Sie nach Geschmack zugeben oder auch nicht
Zubereitung:
Für das Brühstück zerkleinertes Brot mit kochendem Wasser übergießen, direkt darauf ein Stück Frischhaltefolie legen und ca. 2-3 Stunden quellen lassen (gerne auch über Nacht, dann aber im Kühlschrank). Danach mit dem Stabmixer pürieren. Psst…oder zermantschen Sie es einfach zwischen Ihren Fingern – geht genauso 😉
Für den Hauptteig alle Zutaten inkl. Brühstück in einer geeigneten Küchenmaschine mit Knethaken 8 Minuten auf langsamster Stufe kneten und 2 Minuten eine Spur schneller.
Danach Topf mit Frischhaltefolie abdecken – alternativ: Duschhauben, die meist in Hotels aufliegen. 90 Minuten rasten lassen.
Teig mit einer Teigkarte auf die bemehlte Arbeitsfläche hieven und rundwirken. Da Roggenmehl schrecklich klebrig ist, kann dieser Akt für nicht so Geübte zur Riesen-Sauerei werden. Am einfachsten geht es, wenn man sich Einweghandschuhe anzieht oder die Teigkarte zu Hilfe nimmt. Jedoch nicht zu viel Mehl einarbeiten! Mit der „schönen Seite“ nach oben (im Fachjargon „Schluss nach unten“) in ein mit einem bemehlten Geschirrtuch ausgelegten Brotsimperl geben. Mit einem Tuch abdecken. Den Brotlaib so lange bei Zimmertemperatur gehen lassen, bis kleine Blasen sichtbar werden und sich das Volumen merklich vergrößert hat. Das dauert meist zwischen 1 und 2 Stunden.
Backrohr inkl. Blech und Backpapier auf 250-260 Grad (ja, das ist wirklich heiß!) gut vorheizen. Tipp: Da Backpapier aus Papier diese hohe Hitze nicht wirklich gut verträgt, lohnt es sich eine Teflon-beschichtete Dauerbackfolie zu kaufen. Diese können Sie beliebig oft verwenden.
Teig auf das Blech kippen und die ersten 10 Minuten bei 250 Grad anbacken. Ofentür einmal weit öffnen, um den Dampf abzulassen und dann ca. 40 Minuten bei 190-200 Grad fertigbacken. Fertig heißt, das Brot ist dunkel aber nicht schwarz und wenn man auf den Boden klopft, klingt es hohl.
Auf einem Gitter mindestens 2-3 Stunden auskühlen lassen.
Hier können Sie das Rezept downloaden.
Lagern Sie Ihr Brot am besten nur am Brotbrett, angeschnitten mit der Schnittfläche nach unten. Wer es in eine Brotdose gibt, muss auf die resche Rinde verzichten.
Wir wünschen gutes Gelingen! Verraten Sie uns Ihr persönliches Lieblings-Brotrezept? Wir würden uns darüber freuen.